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Kein Grund zum Feiern (29.09.2014)
Abschlussbericht zu geplanten Hartz IV - Änderungen

In wenigen Monaten ist es soweit: wir "feiern" den 10. Jahrestag der Einführung von Hartz IV. Zugleich kommt es im Jahr 2015 zur neunten (!) Änderung des Gesetzes. Die Vorarbeit dafür hat eine von der Bundesregierung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe geleistet. Über deren Tätigkeit wurde an dieser Stelle schon mehrfach berichtet, unter anderem deshalb, weil sie lange im Verborgenen blieb und nur einige besonders hanebüchene Ideen an die Öffentlichkeit gelangten - etwa der Vorschlag, Leistungen nach dem dritten Meldeversäumnis einzustellen. Nun liegt der Abschlussbericht vor und von den 124 Vorschlägen sollen 36 das Gesetz verändern. Das Ziel - eine "deutliche Vereinfachung des Leistungsrechts" - wurde nicht erreicht und konnte es auch nicht, denn dafür wäre zumindest eine sanktionsfreie und existenzsichernde Grundsicherung notwendig.
Einige Vereinfachungen (die aber am Wesen der Sache nichts ändern) gibt es tatsächlich: so die angedachte Verlängerung des Bewilligungszeitraums von derzeit sechs auf zwölf Monate, der Verzicht auf härtere Strafen für jüngere Erwerbslose oder die Einführung einer Bagatellgrenze für Kapitalerträge.
Eine Verbesserung - wenn dies tatsächlich umgesetzt wird - beinhaltet der Vorschlag, Auszubildende nicht mehr generell vom Leistungsbezug auszuschließen. Derzeit kann niemand, der keinen Anspruch auf Bafög hat oder eine Ausbildungsvergütung bekommt, eine Ausbildung machen, weil er er sonst seinen Lebensunterhalt nicht sichern kann.
Wie das "Sonderrecht" für Hartz-IV-Empfänger fortgesetzt wird, lässt sich an der "Klarstellung" des Verhältnisses von Arbeit und ehrenamtlicher Tätigkeit zeigen. Wenn gleichzeitig Einkommen aus Erwerbsarbeit und ehrenamtlicher Tätigkeit erzielt wird, beträgt der Grundfreibetrag nur maximal 200 € (wenn das Ehrenamt nur 100 € einbringt, erhöht sich der Freibetrag also nicht). Besonders umfangreich wurde - wie nicht anders zu erwarten - das Thema Kosten der Unterkunft diskutiert. Man einigte sich darauf, dass für die Zusicherung zu den Kosten der Unterkunft bei einem Umzug in eine andere Stadt der dortige Träger zuständig sein soll. Eine vernünftige Regelung, die aber nur von Bedeutung ist, wenn Umzugskosten bewilligt werden - die gibt es in der Regel nur bei einer Arbeitsaufnahme.
Die vom Bundessozialgericht schon vor Jahren gekippte Höchstgrenze für die Angemessenheit einer Wohnung, die sich auf die Gesamtmiete bezieht, soll wieder eingeführt werden. Zunächst soll jedoch durch das Ministerium über den "Sachverhalt" geforscht werden.
Viele Vorschläge beziehen sich auf Verfahrensregelung und sind für einen Nichtjuristen oder Verwaltungsfachmann kaum zu verstehen.




Sanktionen stoßen auf „Akzeptanzprobleme“ (22.09.2014)
Konzept zur „Weiterentwicklung“ vorgelegt

Die Arbeitsministerin will Sanktionen entschärfen, lauteten die Schlagzeilen verschiedener Zeitungen in der vergangenen Woche. Andrea Nahles halte die derzeitige Regelung, wonach für Meldeversäumnisse 10% und für die Ablehnung zumutbarer Arbeit 30% der Regelleistung gekürzt – und bei weiterer „Versäumnissen“ die Leistungen ganz gestrichen werden – für "verwaltungsaufwendig" und "fehleranfällig". Stattdessen sollen die Leistungen pauschal um 50 € oder 100 € gekürzt werden. Natürlich hält Frau Nahles Sanktionen für notwendig. Eine Leistungskürzung um 50 € für Meldeversäumnisse (derzeit maximal 39 €) und 100 € für die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit (derzeit maximal 117 €) bedeutet real eine Verschärfung, da 72% aller Sanktionen aufgrund von Meldeversäumnissen verhängt werden.
Immerhin sollen nun jüngere Erwerbslose nicht härter bestraft werden als ältere, und die Miete auch bei einem Leistungsentzug weiter (in diesen Fällen direkt an den Vermieter) gezahlt werden.
Welche Ideen hinter den Vorschlägen stehen, wird aus den Medienberichten nicht deutlich. Nachdem ich das von Harald Thomé veröffentlichte siebenseitige Ministeriums-Dokument mit dem Titel „Konzept zur Weiterentwicklung des Sanktionenrechts in der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ gelesen hatte, wusste ich wieder einmal um die Notwendigkeit unseres Protestes gegen Hartz IV. Zur Begründung heißt es im Text: Die Sanktionen „werfen in der Verwaltungspraxis bei den Mitarbeitenden in den Jobcentern sowie in Rechtsprechung und Literatur eine Reihe von Akzeptanzproblemen auf“, bei den Betroffenen sei ein „mangelndes Verständnis“ festzustellen (Seite 1). Und als Ziel wird angeben, „den in der Öffentlichkeit verbreiteten Eindruck eines Strafsystems zu durchbrechen“. (Seite 2)
Man muss also den Menschen eine Regel, die diese nicht akzeptieren, nur lange genug erklären, dann werden sie sich fügen. Eine ebenso alte wie unsinnige Logik!
Die „Weiterentwicklung“ besteht darin, im Jobcenter mehr Beratung anzubieten, und in der Eingliederungsvereinbarung sollen verstärkt „die Kompetenzen und Fähigkeiten, aber auch die Neigungen und Interessen der Leistungsberechtigten der zentrale Ausgangspunkt bei der Auswahl und Festlegung der geeigneten Instrumente und Angebote“ sein. Spätestens hier fangen die Arbeitslosen an zu lachen! Oder werden zu Recht wütend.
Die gut bezahlten Verfasser des Konzept haben mit Sicherheit noch nie ein Jobcenter von innen gesehen, geschweige denn eine Arbeitsvermittlung erlebt. Und doch schreiben sie, dass dann „für die Kundinnen und Kunden eine deutliche Verbesserung der Akzeptanz sowie der Wirkungen zu erwarten (ist), wenn der Zusammenhang zwischen den vereinbarten Angeboten, Rechten und Pflichten und den Rechtsfolgen bei fehlender Mitwirkung deutlicher wird.“ (Seite 3)
Und weiter: „Zugleich wird damit deutlich, dass Sanktionen keinen Strafcharakter besitzen, sondern der Sicherstellung des Erfolgs des Eingliederungsprozesses und der Mitwirkung der leistungsberechtigten Personen dienen.“ (Seite 4) Und jetzt fange ich an mich zu gruseln!




"Derzeit noch verfassungsgemäß" (15.09.2014)
Bundesverfassungsgericht urteilt über Hart IV - Regelsätze

"Sozialrechtliche Regelbedarfsleistungen derzeit noch verfassungsgemäß" lautete die Überschrift der Pressemitteilung, die vom Bundesverfassungsgericht am 9. September 2014 herausgegeben wurde. Eine Erkenntnis, die niemanden überrascht haben dürfte und die auch nicht auf sonderlich großes Interesse stieß.
Vor viereinhalb Jahren hatte hatte das oberste Gericht des Landes die Regelsätze für verfassungswidrig erklärt und die Bundesregierung aufgefordert, diese neu zu berechnen. Im Ergebnis dessen wurde für das Jahr 2011 mit 364 € genau der Betrag ermittelt, der sich bei der
Fortschreibung des 2008 geltenden Regelsatzes ergeben hätte. Dazu heißt es: "Selbst wenn die Leistungshöhe einer politischen Zielvorstellung entsprochen haben mag, ist dies für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden."
Die Richter halten genau wie 2010 die Höhe der Leistungen für ausreichend. Im Wortlaut: "Die Festsetzung der Gesamtsumme für den Regelbedarf lässt nicht erkennen, dass der existenzsichernde Bedarf evident nicht gedeckt wäre."
Bemerkenswert ist die Nutzung einer Negativformulierung. Insgesamt kommt das Wort nicht im Text 18mal vor: das Ziel wurde nicht verfehlt, der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Leistungshöhe ist nicht zu beanstanden, die Zahlen beruhen nicht auf Schätzungen. Die willkürliche Kürzung der Leistungshöhe liest sich dann so: "Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, aus der Verbrauchsstatistik nachträglich einzelne Positionen - in Orientierung an einem Warenkorbmodell - wieder herauszunehmen." Zum Beispiel gehören seit 2011 Alkohol und Zigaretten, aber auch der Weihnachtsbaum und Schnittblumen nicht mehr zum Existenzminimum.
Aber auch den gut bezahlten Richtern des Verfassungsgericht blieb nicht verborgen, dass bei der Neuberechnung der Regelsätze "nicht alle, sondern zwischen 132 € und 69 € weniger und damit lediglich 72 % bis 78% der in der EVS erfassten Konsumausgaben als existenzsichernd anerkannt werden." Sie fordern daher eine mögliche "Unterdeckungen aufzufangen". So sollen die Regelsätze bei deutlichen Preissteigerungen - etwa bei Haushaltsstrom - über das derzeit festgelegte Maß erhöht werden.
Die Richter kritisierten auch, dass für die Beschaffung von großen Haushaltsgeräten zu wenig Geld im Regelsatz enthalten ist und fordern die Sozialgerichte auf, einmalige Zuschüsse zu gewähren. Auch müsse der existenznotwendige Mobilitätsbedarf künftig tatsächlich gedeckt werden können.




Hartz IV "live" (08.09.2014)
Nachrichten und Berichte einer Woche

Gibt man auf Google "Hartz IV" und "News" ein, erhält man fast jeden Tag neue Meldungen oder Geschichten.
So erzählt die FAZ 20.08.2014 unter der Überschrift "Von guten Mächten lebenslang gestützt" von einer Frau, die seit 2005 ohne Unterbrechung Hartz IV bezieht. In dem Artikel geht es zunächst um die Frage, warum das bei fast einer Million Menschen in Deutschland der Fall ist. Als Antwort müssen die "multiplen Vermittlungshemmnisse" herhalten (nur jeder 12. habe laut einer Studie des IAB keine Vermittlungshemmnisse, jeder zweite Leistungsbezieher zwei oder drei - wie fehlenden Schulabschluss, unzureichende Qualifizierung oder gesundheitliche Einschränkungen). Bemerkenswert ist, dass die Frau in dem Bericht aber gar nicht erwerbslos ist, sondern einen Beruf hat, in dem sie auch arbeitet. Als Friseurin und alleinerziehende Mutter eines Sohnes verdient sie einfach nicht genügend Geld, um ohne Sozialleistungen auskommen zu können. Ursache für den Bezug von Hartz IV sind also nicht Vermittlungshemmnisse, sondern die unzureichende Bezahlung.
Aber Hartz IV kann auch ein "Glücksfall" sein. So berichtet die "Mainpost" in ihrer Würzburger Ausgabe von einem arbeitslosen Kaufmann, der auf Anraten seiner Fallmanagerin die Stelle eines Hilfspflegers in einem Altersheim angenommen und dann mit 41 Jahren noch eine Ausbildung zum Altenpfleger begonnen und diese auch abgeschlossen hatte.
Ein "gutes" Beispiel für Vorurteile gegen Hartz IV - Empfänger bot die Sendung "Hart aber fair" in dieser Woche, in der es eigentlich um die Qualität von Tiefkühlkost ging. Einer der Teilnehmer, ein Hochschulprofessor meinte, viele Menschen hätten keine Zeit, sich zum Beispiel eine Pizza selbst zuzubereiten, während Hartz-IV-Bezieher zwar Zeit hätten, aber nicht über die entsprechenden Fähigkeiten verfügten. Daraufhin fragte der Moderator, wohl um diese Aussage abzuschwächen, ob der Professor einen Unterschied in der Zubereitungstechniken von Pizzen zwischen Hartz-IV-Beziehern und Menschen mit Abitur sähe.
Wie lange müssen Hartz-IV-Empfänger warten, wenn sie vor den Sozialgerichten klagen? Wie verschiedene Medien berichteten, hat das Bundessozialgericht ein Jahr für angemessen erklärt (wobei immer eine Einzelfallprüfung notwendig sei) und in vier Fällen Menschen, die zwischen fünf und acht Jahren auf eine Entscheidung warten mussten, eine Entschädigung zugesprochen.
Und auch diese Meldung gibt zu denken: in München beträgt die Angemessenheitsgrenze der Kosten der Unterkunft für ein Person 590 €. Dazu im Vergleich Jena: hier gilt eine Bruttokaltmiete von derzeit 295 € als angemessen. Nun sind die Mieten in der bayrischen Landeshauptstadt um einiges höher als hier. Aber: wie in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 3.9.2014 zu lesen war, haben in München 1.000 von 40.000 Haushalten, die auf Hartz IV angewiesen sind, unangemessene Kosten der Unterkunft. In Jena sind es 1.000 von 6.000!




Zahltag - auch in Wuppertal (01.09.2014)
Protest gegen Hartz IV musste genehmigt werden

"Zahltage" sind Aktionen, die verschiedene Erwerbsloseninitiativen am Ersten eines Monats durchführen. Hintergrund ist, dass die Hartz IV -Leistungen immer am Ende des Monats für den darauf folgenden gezahlt werden. Konkret bedeutet dies, dass die Aktivisten vor den Jobcentern stehen und diejenigen Menschen beraten bzw. zu den Sachbearbeitern begleiten, die aus irgendeinem Grund kein Geld bekommen haben.
Bekannt und an dieser Stelle schon berichtet wurden über die Aktionen der KEAs - der Kölner Erwerbslosen in Aktion. Auch der Verein Tacheles e.V. in Wuppertal führt solche "Zahltage" durch. Die für den 1. September 2014 geplante Aktion war zunächst von der Polizei verboten worden, da Gebäude und Grundstück des Jobcenters von einem privaten Eigentümer gemietet wurden. Der Verein reichte gegen das Verbot Klage ein. Noch bevor eine Verhandlung stattfinden konnte, hob die Polizei das Verbot auf. In der am 29.08.2014 von Tacheles veröffentlichten Pressemitteilung heißt es dazu: "Gleichwohl bedauert der Verein, dass mit dem Rückzug der Verbotsverfügung der gerichtlichen Klärung ausgewichen wurde, ob das Versammlungsrecht auch auf Privatgelände gilt, wenn sich dort öffentliche Einrichtungen befinden, die für jeden zugänglich sind.
,Diese Frage ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil sich immer mehr Behörden in Privatimmobilien einmieten', erläutert Thomé. ,Der Freibrief, Demonstrationen vor solchen Orten zu verbieten, wäre nach unserer Auffassung eine empfindliche Einschränkung der Versammlungsfreiheit.'"
Die Kundgebung vor dem Jobcenter in Oberbarmen, einem Stadtteil von Wuppertal, hat also stattgefunden.
Warum das Jobcenter nicht zahlt, hat viele Gründe. Oft sind es die so genannten Mitwirkungspflichten oder zu erwartendes Einkommen in nicht bekannter Höhe. Die Begleitung der Betroffenen durch sachkundige Berater/innen bewirkt zumeist, dass zumindest vorläufig gezahlt wird.
Auch die Bundesagentur für Arbeit zahlt immer öfter kein Arbeitslosengeld I. Sperren werden verhängt wegen zu später Arbeitslosenmeldung oder der Ablehnung einer Arbeit. Vor dem Bundessozialgerichts (Urteil vom 14.05.2014 - B 11 AL 8/13 R) wurde jetzt der Fall eines Arbeitslosen verhandelt, dem aufgrund von Meldeversäumnissen das Arbeitslosengeld mit der Begründung gestrichen worden war, er stünde dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Im Gegensatz zum Hartz IV - Gesetz, wo Leistungen erst gekürzt und dann ganz gestrichen werden können, war die Sperre rechtswidrig, weil das Arbeitsamt keine Einzelfallprüfung durchgeführt hatte und nicht nachweisen konnte, dass der Mann tatsächlich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stand.




"Pannen" im Jobcenter (25.08.2014)
Interne Revision der Bundesagentur bestätigt Erfahrungen der Beratung

Wie jetzt von verschiedenen Medien berichtet wurde, hat im vergangenen Jahr eine interne Prüfung der Bundesagentur für Arbeit stattgefunden, bei der bundesweit 42 Jobcenter untersucht worden waren. (Der Bericht selbst wurde bislang nicht veröffentlicht.) Von den geprüften 34.700 Entscheidungen, die Sacharbeiter/innen getroffen hatten, waren 1831 fehlerhaft. Das sind lediglich fünf Prozent. Jedoch kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass die Arbeit in den Behörden ordnungsgemäß verläuft, da die sich Fehler bei bestimmten Sachverhalten häufen. So wurde unter anderem im Bericht festgestellt, dass bei der Anrechnung von Sozialleistungen fast jede zweite Entscheidung (47%) falsch war!
Dazu ein Beispiel aus der Beratung des MobB e.V.: Eine junge Mutter erhält Elterngeld in Höhe von 300 €. Sie hatte vor der Geburt gearbeitet und monatlich etwa 800 € verdient. Aus diesem Grund durfte die Zuwendung nicht wie bei Langzeitarbeitslosen vollständig (bis auf die Versicherungspauschale von 30 €) auf die Leistungen angerechnet werden. Das Jobcenter Saale-Holzland-Kreis aber hatte 100 € angerechnet, jenarbeit nach dem Umzug der Frau in die Stadt 120 €.
Viele Fehler werden laut Bericht bei der Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen (41%) gemacht und bei dem Mehrbedarf für dezentrale Bereitung von Warmwasser (27%), den es schon mehrere Jahre gibt, was sich aber in den Jobcentern noch nicht herumgesprochen hat.
Viele Widersprüche werden nach wie vor aufgrund zu hoher Kosten der Unterkunft eingelegt, auch in Jena. So hatte die Stadt nach Widersprüchen und Klagen beispielsweise für Bedarfsgemeinschaften mit einer Person eine Bruttokaltmiete von bis 363 € anerkannt, im Jahr 2014 aber die bereits zugestandene Miete wieder gekürzt.
Manche Dinge, die ich in der Beratung erleben, sind einfach nur absurd: So wird eine junge Frau, die eine Arbeit gefunden hat und keine Leistungen mehr benötigt, aufgefordert, Lohnnachweise vorzulegen, obwohl sie kein Geld mehr vom Amt bekommt und keines mehr will.
Viele schlimmer ist, wenn bei der Beantragung von Leistungen kein Geld kommt, sondern immer nur Briefe mit Forderungen nach weiteren Unterlagen und kein Hinweis, dass die Zahlung eines Vorschusses möglich ist, auf den einen Monat nach Antragstellung ein Rechtsanspruch besteht. Hier hilft nur ein Schreiben mit dem Hinweis auf die Rechtsgrundlage. Existenzbedrohend wird es auch, wenn Leistungen aufgrund "fehlender Mitwirkung" versagt werden, obwohl nicht der Anspruch auf Leistungen, sondern nur deren Höhe nicht geklärt ist und eigentlich eine vorläufige Bewilligung erfolgen sollte. Da bleibt nur der Gang vor das Sozialgericht




Recht auf Arbeit? Recht auf Urlaub? (18.08.2014)
Ungeklärte Fragen

In der Verfassung der DDR war (im Artikel 24) das Recht auf Arbeit verankert, in der Bundesrepublik nicht. Das Recht auf Urlaub gab es in beiden Staaten. Ob man aber eine Urlaubsreise machte, hing von den finanziellen Möglichkeiten ab, in der DDR kamen die Reisebeschränkungen hinzu.
Im heutigen Deutschland dürfen seit 2005 langzeitarbeitslose Menschen keinen Urlaub machen, sie können lediglich drei Wochen lang "ortsabwesend" sein. In dieser Zeit müssen sie nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und jede zumutbare Arbeit annehmen. In der Regel werden sie den Ort kaum verlassen, nicht nur, weil mit der Regalsatzänderung im Jahr 2011 unter anderem das Geld für Pauschalreisen aus dem Regelbedarf gestrichen wurde.
Katja Kipping, Mitglied des Bundestages und Vorsitzende der Linkspartei hat daher jetzt vorgeschlagen, Familien, die auf Grundsicherung oder Wohngeld angewiesen sind, jährlich einen Urlaubscheck über 500 € zukommen zu lassen. Zustimmung hat sie nur wenig erhalten. Selbst die Wohlfahrtsverbände lehnen eine solche Möglichkeit ab, da schon das auf Gutscheinen basierende Bildungs- und Teilhabepaket sein Ziel verfehlt hat. Sie wie auch Politiker/innen anderer Parteien verweisen auf örtliche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung insbesondere für Kinder und Jugendliche - aber auch reichen die finanziellen Mittel oft nicht aus. Die Erhöhung der Regelsätze für Kinder oder gar ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle wären Alternativen, wofür sich derzeit aber ebenfalls keine Mehrheiten finden lassen.
Eine Voraussetzung für einen Urlaub, der nicht auf "Balkonien" stattfindet, ist ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen. Die LINKE. Thüringen hat in Vorbereitung auf die Landtagswahlen ein Sieben-Punkte-Programm für "Gute Arbeit in Thüringen" veröffentlicht. Ihre Forderungen sind die der Linkspartei insgesamt, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit will sie in Thüringen "mindestens 2.500 längerfristige sozialversicherungespflichtige Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen schaffen, die tariflich, wenigstens jedoch nach dem Mindestlohn vergütet werden." Zur Finanzierung soll ein "Thüringer Modellprojekt des Aktiv-Passiv-Transfers" geschaffen, zusätzlich notwendige Mittel aus dem Landeshaushalt bereit gestellt werden (Der volle Wortlaut ist unter www.die-linke-thueringen.de zu finden.)
Das Recht auf Arbeit lässt sich in dieser Gesellschaft nicht verwirklichen. Ein öffentlich-rechtlicher Beschäftigungssektor würde aber vielen Menschen die Chance auf eine existenzsichernde Arbeit und damit auch auf einen Urlaub eröffnen.




10 JahreJenaer Montagsdemonstration (11.08.2014)
Warum es immer noch keinen Grund gibt aufzuhören

Am 9. August 2004 fand auf dem Jenaer Holzmarkt die erste, vom "Jenaer Bündnis gegen Sozialabbau" organisierte Montagsdemonstration statt. Mehr als 800 Menschen waren gekommen, um gegen die Einführung des so genannten Hartz IV - Gesetzes zu protestieren. Damals sprachen Bernhard Hecker, Sekretär der IG Metall Jena-Saalfeld und Bodo Ramelow, Vorsitzender der PDS-Fraktion im Thüringer Landtag.
10 Jahre später treffen sich in Jena wie in vielen anderen Städten nach wie vor jeden Montag Menschen um zu protestieren. Hartz IV hat die Gesellschaft verändert, nicht nur, weil Millionen Arbeitslose und deren Familie zu Sozialhilfeempfängern gemacht wurden, weil Arbeitslosigkeit mit dem Zwang bekämpft wird, jede zumutbare Arbeit annehmen zu müssen und weil dadurch immer mehr Menschen trotz Arbeit arm sind.
Durch Hartz IV werden auch die Vorurteile, die gegen Erwerbslose existieren, immer wieder aufs Neue geschürt (jüngst Wirtschaftsminister Gabriel, für den Hartz IV bedeutet: "nicht arbeiten, aber Geld verdienen") und sie zeigten sich jetzt wieder, als Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn ausgeschlossen wurden.
Für sie gilt Sonderrecht, obwohl Arbeitslose zur kapitalistischen Gesellschaft (wer möchte, kann natürlich auch "Marktwirtschaft" sagen) gehören wie der Eichplatz zu Jena.
Dennoch wird Arbeitslosigkeit zum persönlichen Problem des Einzelnen erklärt. Es gibt kein Recht auf Arbeit, aber eine de facto Pflicht - die, da sie ja aufgrund mangelnder Arbeitsplätze nicht umgesetzt werden kann - als Pflicht erscheint sich um Arbeit zu bemühen, auch wenn dies aussichtslos ist bzw. maximal schlecht bezahlte Minijobs zur Verfügung stehen (aber keine Weiterbildung oder Zweitausbildung für eine existenzsichernde Arbeit). Hinzu kommt, dass vor dem gesetzliche verbrieften Existenzminimum der Koloss Bürokratie steht - gespeist aus dem Vorurteil, Hartz-IV-Empfänger seien potentielle Betrüger. Unsere Mindestforderungen sind neben der Reduzierung des bürokratischen Aufwandes, der Erhöhung der Regelsätze auch die Abschaffung der Sanktionen. Denn diejenigen Menschen, die nicht arbeiten wollen, lassen sich auch durch Strafen nicht dazu bringen, für alle anderen ist es entwürdigend. Stattdessen ist ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor erforderlich, der denjenigen eine Chance gibt, die der Arbeitsmarkt "aussortiert" hat.
Es gibt also viele Gründe, weiterhin montags auf die Straße zu gehen. Die Jenaer Montagsdemonstration ist zu einem Ort der Kommunikation und der Information geworden. Die Menschen kommen, um ihren Protest gegen die in Deutschland herrschende soziale Ungerechtigkeit zum Ausdruck zu bringen, ihre Forderungen für eine Umgestaltung der Gesellschaft zu stellen, aber auch um allgemein auf Probleme hierzulande und in der Welt aufmerksam zu machen.
So ist 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges und trotz aller blumigen Worte, die Menschheit ungeachtet des Leids, den Kriege mit sich bringen, nicht in der Lage Konflikte friedlich zu lösen. Nicht zuletzt deshalb, weil nach wie vor mit militärischen Mitteln ökonomische Interessen durchgesetzt werden.
Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass wir heute die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der FriedensFahrradttour 2014 auf ihrem Weg nach Berlin begrüßen und wir an ihrer Kundgebung teilnehmen können.




"Inklusion statt Hartz IV" (04.08.2014)
Zu Forderungen des Sozialverbandes Deutschland

Der Sozialverband Deutschland hat jetzt unter dem Titel "Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik - Inklusion statt Hartz IV" ein 48seitige Broschüre veröffentlicht.
Im Vorwort heißt es: "Nach zehn Jahren Hartz IV sind die Probleme auf dem Arbeitsmarkt drängender denn je. Wir haben in Deutschland einen hohen Anteil verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit und prekäre, unsichere Beschäftigung weitet sich immer stärker aus." Gefordert wird ein Umdenken in der Arbeitsmarktpolitik. "Arbeitslose Menschen dürfen nicht länger als Menschen mit Defiziten betrachtet und ausgesondert werden. Die Stärkung ihrer Kompetenzen und Fähigkeiten muss im Vordergrund der künftigen Arbeitsmarktpolitik stehen. Dies erfordert ein ausreichendes Angebot an qualifizierter Arbeit mit fairer Entlohnung und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen."
Die Verfasser der Broschüre üben deutliche Kritik: "Für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitslose besonders ungerecht, belastend und erniedrigend ist das Hartz IV-System: Die vorherige Arbeitslosenhilfe als Lohnersatzleistung wurde von der Sozialhilfe als Fürsorgeleistung auf deren niedrigerem Niveau mit einer erheblichen Verschärfung bei Bedürftigkeitsprüfung sowie der Zumutbarkeit einer anzunehmenden Arbeit abgelöst." Es werden eine ganze Reihe von Vorschlägen für eine veränderte Arbeitsmarktpolitik aufgestellt, wobei sich die Mehrzahl der Forderungen darauf bezieht, Verschlechterungen der vergangenen Jahre rückgängig zu machen. Das betrifft zum Beispiel den Kündigungsschutz, der in den neunziger Jahren mit dem Versprechen Einstellungen zu erleichtern, erheblich gelockert wurde, (wobei der beabsichtigte Effekt nie nachgewiesen werden konnte) oder die Ausweitung befristeter Beschäftigungsverhältnisse. Der SoVD setzt sich für die Schaffung öffentlich geförderter und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung mit tarif- bzw. ortsüblichen Löhnen - anstelle der Ein-Euro-Jobs - ein und einen "Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige öffentlich geförderte Beschäftigung".
Der SovD fordert die Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen und die Verlängerung der Bezugsdauer des ALG I, außerdem die Wiedereinführung des Zuschlags nach Ende des ALG I. Auch die weiteren Forderungen (Erhöhung der Regelsätze, Reduzierung der Sanktionen bzw. Sperrzeiten, Änderungen beim so genannten Bildungs- und Teilhabepaket etc.) stimmen mit denen der anderen Hartz IV - Gegner ein.
"Inklusion" als umfassende Teilhabe benötigt aber mehr als Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik, Ohne Veränderungen in der Gesellschaft bleibt alles nur oberflächlich.





AufRECHT bestehen! (28.07.2014)
Neue Kampagne der Erwerbsloseninitiativen

"AufRECHT bestehen - Kein Sonderrecht im Jobcenter!" lautet der Titel der neuen Kampagne von Erwerbsloseninitiativen, die auf der diesjährigen Tagung der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppe in Lage-Hörste erarbeitet wurde. Hintergrund sind die Missstände in der Arbeit der Jobcenter: so werden Leistungen verweigert, auf die eigentlich ein Rechtsanspruch besteht, Unterlagen verschwinden und müssen nochmals eingereicht werden und anderes mehr. "Viele erleben das Klima auf dem Amt als bedrückend: Wer sein gutes Recht wahrnehmen will, kommt sich oft vor wie ein Bittsteller und ein Bürger zweiter Klasse", heißt es dazu in der Sonderausgabe der "A-Info". Das bis zur Schikane gehende Handeln der Verwaltung ist kein Zufall und nur vereinzelt Folge des Unvermögens von Mitarbeiter/innen der Behörde, heißt es weiter, denn Ziele ist es, den Bezug von Leistungen so unbequem wie möglich zu machen und die Menschen von vornherein davon abzuschrecken diese zu beantragen.
Die Kampagne "AufRECHT bestehen" will daher vor allem auf Missstände der Arbeit der Jobcenter aufmerksam machen. Zentraler Aktionstag ist Donnerstag, der 2. Oktober 2014, geplant sind dezentrale Aktionen in möglichst vielen Städten.
Wie die konkrete Hilfe bei Missständen aussieht, kann man zum Beispiel auf den Internetseiten des Vereins "Kölner Erwerbslose in Aktion" - kurz -Die KEAs e.V. nachlesen. Aktivisten begleiten regelmäßig Menschen zum Jobcenter. Im jüngsten Fall ging es um einen jungen Mann, dessen Antrag aufgrund fehlender (und schwer zu beschaffender) Unterlagen nicht bearbeitet und ein Vorschuss abgelehnt worden war. Der zuständige Sachbearbeiter "verwies auf seine Handlungsunfähigkeit, weil sich seine Teamleitung in einer Teamleitersitzung befindet und er uns schon allein deshalb grundsätzlich nicht helfen könne." Eine Mitarbeiterin wollte die Polizei rufen und Hausverbot erteilen, weitere eilten herbei. "Der zuständige Sachbearbeiter hatte sich derweil davon geschlichen, nachdem er sich mit dem Betroffenen und zwei Begleitern nochmal beraten hatte oder beraten worden ist. Und dann? Der nicht zuständige Sachbearbeiter kam zurück und war plötzlich zuständig. Wo auch immer er gewesen war, in einer seiner Hosentaschen brachte er eine Handvoll Kompetenz mit und die Geldkarte, mit der der Betroffene seinen Vorschuss abholen konnte." (Der vollständige Text unter www.die-keas.org)
Auch bei jenarbeit kommt es vor, dass Vorschüsse abgelehnt werden. In der Regel hilft eine schriftliche Aufforderung mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen (§ 42 SGB I). Aber auch eine Begleitung des Betroffen führt wie in Köln und anderswo zum Erfolg.




Was lange währt... wird nicht immer gut (21.07.2014)

Das lässt sich zumindest in Bezug auf die neuerlich geplante Änderungen des Hartz-IV-Gesetzes sagen. Wie bereits berichtet, hatte eine so genannte Bund-Länderarbeitsgruppe über einhundert Vorschläge zur "Rechtsvereinfachung" im SGB II gemacht, die dank Harald Thomé der Öffentlichkeit bekannt wurden. Die Kommission hat nun ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Folgende Vorschläge werden als wesentlich benannt: Erhöhung des Bewilligungszeitraums auf 12 Monate, Veränderungen bei der Darlehensgewährung und der vorläufigen Bewilligung von Leistungen sowie die "Angleichung" der Sanktionen der jüngeren an die "älteren" Erwerbslosen.
Darüber hinaus ging es den Behördenvertretern um Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander. Aufgrund der Vielzahl von Sozialleistungen, die alle bei Hartz IV angerechnet werden (Kindergeld, Elterngeld, Unterhalt, Arbeitslosengeld, Wohngeld...) kommt es offenbar häufig zu Streit der Ämter untereinander.
In dem Papier werden anschließend 36 Vorschläge aufgeführt, die in der Arbeitsgruppe Konsens waren. Dazu gibt es inzwischen auch erstes Gutachten. Der Fachausschuss Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege hatte die Fachreferent_innen von Diakonie und AWO aus den Bereichen Sozialrecht und Sozialpolitik um eine vorläufige Bewertung gebeten.
Besonders heftige Kritik erfährt der Vorschlag der laufenden Nummer 76. Hier geht es darum, dass - wenn aufgrund von Urteile von Sozialgerichten Bescheide aufgehoben werden - kein Geld mehr nachgezahlt werden soll. In dem Gutachten heißt es dazu: "Es wird entschieden, dass unrecht gehandelt wurde, aber es gibt keine Kompensation für die in der Vergangenheit zu Unrecht vorenthaltene Leistung. Das bedeutet eine deutliche Verschlechterung der Rechtsstellung der Leistungsberechtigten. (..) Eine rückwirkende Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands unterbleibt hingegen - ungeachtet der Folgen, die eine Unterdeckung des Existenzminimums für die betroffenen Leistungsberechtigten gehabt haben mag. Die verweigerte rückwirkende Korrektur ist um so problematischer als es den Betroffenen damit auch unmöglich ist, Schulden zu begleichen."
Als "sachfremd" wird auch der Vorschlag erachtet, bei einem Umzug ohne Genehmigung nur noch die bisherigen Kosten zu übernehmen, auch wen die neue Miete innerhalb der Angemessenheitsgrenze liegt.
Welche Vorschläge letztlich zu Gesetzesänderungen werden, ist weiterhin offen. In Kraft treten sollen sie voraussichtlich im Mai 2015. Wirkliche Verbesserungen der Betroffen wird es nicht geben.




Die Folgen des Mindestlohns (14.07.2014)

Der Mindestlohn kommt - wenn auch bekanntlich nicht für alle. Obwohl es bis zu Einführung noch ein halbes Jahr dauert, beginnen Arbeitgeber kreativ zu werden, um ihre Lohnkosten stabil zu halten. Eine Recherche im Internet führte so zu einigen bemerkenswerten Einfällen.
So kam die rotgrüne Koalition der Stadt Hannover auf die Idee, die Schulen nicht mehr von Reinigungskräften reinigen zu lassen, sondern von den Schülerinnen und Schülern selbst. Sie würden dafür auch bezahlt werden - aber natürlich nicht mit 8,50 € pro Stunde, da eine Ausnahme des Mindestlohns Jugendliche unter 18 Jahre betrifft.
Nach der Einführung des Mindestlohns im Friseurgewerbe erhöhten sich - wie nicht anders zu erwarten - die Preise. (Die Preiserhöhungen betrafen allerdings im Wesentlichen den Osten Deutschland, da in den "alten" Bundesländern bereits oft mehr als der Mindestlohn gezahlt wird.) Darüber hinaus fielen einigen Arbeitgeber offenbar die in anderen Branchen üblichen Werkverträgen ein und sie verfielen darauf, die Friseurinnen als Selbständige arbeiten zu lassen und sie nach Kunden zu bezahlen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Arbeitsverträge zu ändern und die Mitarbeiterinnen offiziell weniger Stunden zu beschäftigen und damit nicht zu entlohnen. Wer nicht mitmacht, kann gehen, heißt es dann. Und viele Menschen lassen sich aus Angst um ihren Arbeitsplatz diesen Betrug gefallen.
Da Praktikant/innen dann einen Anspruch auf den Mindestlohn haben, wenn das Praktikum nicht zum Studium gehört und länger als sechs Wochen dauert, kam ein Unternehmer auf die Idee, Kooperationsverträge mit Hochschulen abzuschließen und so die Praktika wieder zu einem Teil der Ausbildung zu machen - auch wenn diese bereits abgeschlossen ist.
Ganz offiziell kann der Mindestlohn umgangen werden, indem Tarifverträge abgeschlossen werden. Wie in verschiedenen Medien berichtet wurde, hat zum Beispiel das Taxigewerbe die Bereitschaft signalisiert, einen Vertrag mit der Gewerkschaft ver.di auszuhandeln. Käme es zu einer Einigung, könnten die Löhne bis zum Ende des Jahres 2016 weniger als 8,50 € betragen. Von Seiten der Gewerkschaft hieß es, im Fall von solchen "Abweichungen" müssten die Zuschläge bei Nacht- und Feiertagsdiensten und die Arbeitszeiten tariflich geregelt werden.
Soweit zu einer Entwicklung, noch bevor der Mindestlohn eingeführt wird. Eine Ursache dafür sind die Kompromisse, die die Regierung bei der Einführung des Mindestlohn eingegangen ist, so dass von den 5,1 Millionen Menschen, die weniger 8,50 € pro Stunde verdienen, nur etwa 3,7 Millionen tatsächlich mehr verdienen werden. Viele Fragen bleiben, unter anderem die folgende Werden nun Langzeitarbeitslose eingestellt und regulär Beschäftigte entlassen?




Aktuelles aus der Rechtssprechung (07.07.2014)

Nicht nur Anwälte, sondern auch Hartz-IV-Kläger, die selbst Widersprüche einlegen oder klagen, können ihre Kosten geltend mchen. Wie in der Zeitschrift "Quer" in der jüngsten Ausgabe vom Juni 2014 berichtet wurde, hat das Sozialgericht Frankfurt einem Kläger entstandenen Kosten in Höhe von 42,10 € erstattet. Von besonderer Bedeutung ist, dass das Sozialgericht für das Einlegen des Widerspruchs und der Klage - neben Fahrtkosten zum Jobcenter für die Akteneinsicht - jeweils eine Pauschale von 20 € für Porto-, Fax- und Telefonkosten anerkannt hat, Die Redaktion rät daher Menschen, die Widerspruch eingelegt haben und damit ganz oder teilweise erfolgreich waren, im Anschluss schriftlich die Erstattung der Kosten zu beantragen. Zumindest die Pauschale von 20 € sollte gewährt werden.

Kosten der Unterkunft: Guthaben aus Betriebs- und Heizkosten, die direkt an den Hartz-IV-Empfänger gezahlt werden, werden im kommenden Monat als Einkommen angerechnet. Dies gilt nicht, wenn das Jobcenter nicht die vollen Kosten übernimmt und die Differenz aus dem Regelsatz beglichen wird. So das Sozialgericht Potsdam (Urteil vom 14.06.2013, AZ.: S42 AS 1322/11). Die Richter beriefen sich dabei auf das Bundessozialgericht, wonach die Anrechnung von Guthaben aus der Stromabrechnung unzulässig ist, da der Strom aus der Regelleistung bezahlt werden muss. Wenn mit Strom geheizt und die Kosten aufgrund fehlender separater Zähler nicht ermittelt werden können, sind die Kosten zu übernehmen, die über dem im Regelsatz enthaltenen Bedarf für Strom liegen.

Lebensversicherungen: Über ein wichtiges Urteil des Bundessozialgerichts zu Lebensversicherungen berichtete die Zeitung "A-Info" in ihrer jüngsten Ausgabe. Lebensversicherungen müssen aufgelöst werden, wenn sie nicht über einen Verwertungsausschluss verfügen und ihr Rückkaufwert über der Grenze von 150 € / Lebensjahr des Hartz-IV-Empfängers liegt. Das Gesetz sagt, dass Vermögen dann nicht berücksichtigt wird, wenn die Verwertung "offensichtlich unwirtschaftlich" ist oder eine besondere Härte bedeuten würde. Ein wichtiges Ergebnis der Verhandlung war, dass - wenn die Lebensversicherung aufgelöst werden muss, dies aber längere Zeit in Anspruch nimmt - sind Leistungen als Darlehen zu gewährleisten. Bei welchen Verlust eine Auflösung der Lebensversicherung unwirtschaftlich ist, bleibt nach wie vor unklar. Die Richter forderten eine umfassende Einzelfallprüfung. Unwirtschaftlich sei die Verwertung auf jeden Fall dann, wenn eine Arbeitsaufnahme und damit eine Ende des Leistungsbezugs absehbar sei.




Demo-Flyer 2014: Januar - März, April - Juni

Juli - September Demo-Flyer 2013: Januar - März, April - Juni, Juli - September, Oktober - Dezember

Demo-Flyer 2012: Januar - März, April - Juni, Juli - September , Oktober - Dezember

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